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Forschung

Ein fundamentales Ziel der Neurowissenschaften ist es, den Zusammenhang der Wirksamkeit und Leistung des Nervensystems zu erklären. Um dieses Ziel zu erreichen, ist Forschung auf allen Ebenen des Nervensystems, von der mikro- bis hin zur makroskopischen Ebene notwendig. Aufgrund der Komplexität des Zusammenspiels dieser vielen Ebenen hat sich jedoch gezeigt, dass eine Begleitung durch theoretische, modellbildende Ansätze eine immer größere Notwendigkeit einnimmt. Auf das daraus neu entstandene, innovative Feld der theoretischen Neurowissenschaften habe ich in den letzten Jahren meinen Forschungsschwerpunkt gelegt. Basierend auf experimentellen Daten unterschiedlicher Ebenen des Nervensystems entwickle ich mathematische Modelle und numerische Simulationen. Diese erlauben es Hypothesen über komplexe Vorgänge des Nervensystems aufzustellen, die dann ganz zielgerichtet im Experiment überprüft werden können.

In den ersten Jahren meiner Forschung habe ich mit einem Modellorganismus (Stabheuschrecke) gearbeitet, um daraus generelle – auch auf andere Modellorganismen übertragbare – Prinzipien der Bewegungskontrolle zu extrahieren. Diese Erkenntnisse sind beispielsweise für die Implementierung von Bewegungsabläufen in der Robotik von Interesse. Der Fokus lag dabei auf der Analyse rhythmischer Motoraktivität im Nervensystem und inwiefern diese zur Fortbewegung und im Besonderen zur Kontrolle von Bewegungen beiträgt. Die Herausforderung bestand hierbei darin, wie bereits eingangs erwähnt, mathematische Modelle über eine ganze Reihe an Regulationsebenen miteinander zu verknüpfen – von der Dynamik molekularer Interaktionen, über zelluläre neuronale Eigenschaften bis hin zu Interaktionen von klein- und großskaligen neuronalen Netzwerken. Darüber hinaus ist es mir letztendlich gelungen auch die Interaktion des Nervensystems mit der Umgebung abzubilden. Mit dieser Forschung konnte ich das Verständnis der lokalen Kontrolle einzelner Beine, sowie der Interaktion mehrerer Beine während der Fortbewegung revolutionieren. Für diese Forschungsergebnisse wurde ich im Jahr 2014 mit dem Heinz Maier-Leibnitz Preis der DFG / des BMBF ausgezeichnet.

In den letzten vier Jahren habe ich meine Forschung zum Verständnis der neuronalen Mechanismen, welche der Kontrolle von Bewegungen zugrunde liegen, sukzessive auf den humanbiologischen Bereich erweitert. Ziel ist es, perspektivisch neue Therapieansätze für bewegungsgestörte Schlaganfallpatienten – eine Erkrankung, die aufgrund des steigenden Durchschnittsalters unserer Gesellschaft mehr und mehr an Bedeutung erfährt – zu ermöglichen.

Als ersten Schritt hierzu untersuche ich, in Kollaboration mit Partnern der Universitätsklinik Köln, sowie des Forschungszentrums Jülich, im Kortex des menschlichen Gehirns Netzwerkaktivität und -interaktionen, die für motorisches Verhalten verantwortlich sind. Ausgangspunkte für meine Forschung sind elektrophysiologische Verfahren, wie Elektroenzephalografie (EEG) oder Magnetoenzephalografie (MEG),  Bildgebungsverfahren, wie beispielsweise die funktionale Magnetresonanztomografie (fMRT) und Hirnstimulationsverfahren, wie die transkranielle Magnetstimulation (TMS). Um die bei diesen Experimenten anfallenden, äußerst komplexen Daten zu analysieren, entwickle ich entsprechende Verfahren, sowie eingangs erläuterte mathematische Modelle und numerische Simulationen. Diese ermöglichen es, die Interaktion der verschiedenen Hirnareale des motorischen Kortex während einer Bewegung genauestens zu beleuchten. Dadurch sollen auch Dysfunktionen innerhalb der Dynamik des motorischen Netzwerks, wie sie beispielsweise bei einem Schlaganfall vorliegen, erkennbar werden. Letztendlich werden die gewonnenen Erkenntnisse zu neuen Hypothesen beitragen, wie schlaganfallverursachte Dysfunktionen behoben werden können. Meine Ergebnisse werden somit perspektivisch als Diagnosemethode eine direkte Anwendung im klinischen Alltag finden.